After finishing my doctoral studies in technical sciences with my final viva voce on 18.11.2004, I have been honored in my promotion (PhD graduation) on 29.11.2005 by the president of the Austrian republic. The Promotio sub auspiciis Praesidentis rei publicae is a special form of promotion specific to Austria and is dependent on the grades reached in school and at university (see Wikipedia). It was a great honor for me that our (at that time) current president, Dr. Heinz Fischer, attended this ceremony personally. Contributing to the chaos of the days before the ceremony, it was quite unexpected to me that this event received some media coverage in Austria (see here, here, here, here, here, here, here, here, here, here, here, here, and here for articles; see here and here for short TV reports; see here for a radio interview). For the ceremony, the sub auspiciis candidate is usually asked to give a speech, and so was I. Since I have been asked for copies of this speech, here is the full text (German only, PDF available):
Wo können, wo dürfen, wo wollen wir hin?
Als Technologe erlaube ich mir hier eine kurze Diskussion dieser philosophischen Fragen des Zieles aus hauptsächlich technologischer Sicht.
Wenn man allerdings über Ziele, also die Zukunft, reden kann, setzt dies immer eine entsprechende Vergangenheit voraus. Besonders bedanken möchte ich mich bei meinen Eltern, die mir die nötige Sicherheit, Stabilität und Ruhe sowie ihre Werte gegeben haben. Ohne diesen Rahmen wäre das hier sicherlich nicht möglich gewesen. In schulischer und akademischer Hinsicht möchte ich mich besonders bei Dr. Franz Reithuber, Dr. Johann Prenninger und Priv.-Doz. Dr. Michael Affenzeller bedanken, die mich alle in meinem Werdegang über Jahre hinweg begleitet und unterstützt haben und die für mich prägende Mentoren waren. Und last but not least – nach 3 Monaten England muss ich ja jetzt stolz meine neuen Sprachkenntnisse erproben – möchte mich bei meinen letzten beiden Unterstützern, meinen Doktorvätern Prof. Dr. Alois Ferscha und Prof. Dr. Hans Gellersen, bedanken. Prof. Ferscha gab mir die Möglichkeit zur freien und eigenverantwortlichen Forschung in meinem Dissertationsgebiet und konnte mir durch seine weitreichenden akademischen Kontakte Möglichkeiten zu weiteren Schritten in meiner akademischen Karriere ermöglichen.
Das aktuelle Schlagwort Pervasive Computing kommt in so gut wie allen meiner Arbeiten der letzten Jahre inklusive meiner Dissertation vor. Somit stellt sich die wohl berechtigte Frage, was Pervasive Computing nun ist. Es gibt hier sicherlich verschiedene Standpunkte, etwa den pragmatischen, dass dieses Thema derzeit modern ist und somit natürlich viele Fördergelder zu akquirieren sind. Technologisch gesehen bedeutet es, dass Computer in Alltagsgegenstände einfließen und die Interaktion mit ihnen unsichtbar wird. Ich selbst neige jedoch dazu, es als Vision zu sehen, die den Umgang mit Computern nachhaltig beeinflussen kann und technologische Fragen damit zu gesellschaftlichen macht. Als eine tief greifende Änderung der Art, wie Menschen mit Computern interagieren, ist Pervasive Computing daher ein Gebiet, in dem die Fragen nach dem Können, Dürfen und Wollen nicht nur gestellt werden dürfen sondern meiner Ansicht nach müssen.
Die Frage wohin bzw. was wir können wird nicht nur durch die Naturgesetze bestimmt, sondern in zunehmendem Maße auch durch den verbrauchten Energieaufwand. Die über Jahrmillionen aufgebauten Rohstoffe werden eher früher als später zur Neige gehen und erneuerbare Energiequellen sind noch nicht in ausreichendem Maße verfügbar. Diese Frage wird daher auf ökonomischen und makropolitischen Ebenen in Zukunft noch drängend werden, im Feld des Pervasive Computing ist sie es bereits seit einiger Zeit. Wenn man aktuelle Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet betrachtet, ist das zentrale Thema sehr oft das der Energie. Mobile Geräte wie z.B. Notebooks, PDAs oder Mobiltelefone stehen vor dem technologischen Hauptproblem der Energieversorgung und damit Laufzeit. Methoden zur Verringerung des Energiebedarfs verdrängen heute schon vielfach andere Funktionen. Dieser Trend wird sich vermutlich auf andere Bereiche übertragen müssen.
Die Frage wohin bzw. was wir dürfen wird im Allgemeinen durch die Ethik bestimmt. Dies trifft auf die meisten Bereich zu, einschließlich Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Jeder dieser Bereiche wird durch seine eigene Ethik in dem beeinflusst, was üblicherweise als erlaubt angesehen wird. Ethik ist heutzutage jedoch zunehmend subjektiv durch einige Wenige definierbar, wie nicht nur der schwindende Einfluss der UNO zeigt. In der Wirtschaft überwiegen auch oft simple zahlenmäßige Vorteile von wenigen Prozentpunkten gegenüber Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit oder Fairness gegenüber den euphemistisch bezeichneten Mitbewerbern. Und auch in der Wissenschaft wird Ethik zunehmend subjektiv. Die Frage ob niemals wirklich implementierte oder beobachtete Dinge in aktuellen Veröffentlichungen als solche dargestellt werden dürfen, obliegt der persönlichen Ethik des verantwortlichen Wissenschaftlers bzw. dessen Institution. Fälle von regelrechter Fälschung von Forschungsergebnissen sind da noch weniger schwer zu erkennen als solche, in denen Ideen oder Vorhaben als Tatsachen oder fertige Objekte vorgestellt werden.
Die letzte Frage, nämlich die nach dem Wollen, ist die persönlichste. Dennoch ist sie meines Erachtens die wichtigste. Während die ersten beiden Fragen des Könnens und des Dürfens nur einen Rahmen vorgeben, bestimmt die Frage des Wollens die Richtung. Für viele der derzeit offenen Probleme in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft ist der verfügbare Rahmen sehr breit gesteckt, auch wenn eine gesellschaftlich und sozial orientierte Ethik diesen Rahmen eigentlich enger setzen würde als die jeweils angewandte persönliche Ethik der Entscheidungsträger. Dies erlaubt viele verschiedene Richtungen, in die eine Entwicklung möglich ist, und der bestimmende Faktor ist in der heutigen Zeit daher meist die Frage des Wollens. Die technologischen Möglichkeiten erlauben jetzt eine politische Entwicklung eines Über-Orwellschen Überwachungsstaates. Es liegt in unserer Hand zu entscheiden, ob wir diesen wollen. Wollen wir Bürger zu gläsernen Bürgern machen, deren Leben minutiös in zentralen Datenbanken verfolgbar ist? Wollen wir im Namen des aktuellen Schlagwortes Terrorismusbekämpfung Jeden seines bisher verfassungsrechtlich gesicherten Rechtes auf Privatsphäre berauben und unter Pauschalüberwachung stellen? Wollen wir wirklich in 60 Jahren an alle Schulnoten, Wohnorte und Lebensumstände erinnert werden? Oder wollen wir eine Gesellschaft aus mündigen, eigenverantwortlichen Bürgern?
Auch wirtschaftlich getriebene Entwicklungen lassen die Frage immer wieder aufkeimen. Wollen wir, dass wenige Firmen der Musik- und Filmindustrie die absolute Kontrolle darüber erhalten, was mit den legal erworbenen Abspielgeräten und Medien möglich ist?
In der Wissenschaft, hier stellvertretend im Gebiet des Pervasive Computing, gilt es ebenfalls, diese Frage dringend zu beantworten. Wollen wir, dass zukünftige Gebäude die Gewohnheiten und Vorlieben ihrer Bewohner kennen und sich darauf einstellen? Diese Vorstellung ist sicherlich reizvoll, doch sind die Nebenwirkungen der Datenflut und des Mangels an Privatsphäre in solchen Umgebungen noch ungelöst. Oder wollen wir, dass Benutzer ihre Geräte jederzeit vollständig deaktivieren können, wann immer sie es für angebracht halten? In allen meinen bisherigen Arbeiten habe ich versucht, benötigte Daten dezentral auf Geräten zu halten, die unter direkter Kontrolle der involvierten Benutzer sind. Dadurch haben diese selbst die Möglichkeit, steuernd einzugreifen und die Frage nach dem Wollen selbst zu beantworten, anstatt sie durch die Designer eines Systems beantworten zu lassen.
Denn meiner Ansicht nach ist dies eine Möglichkeit, in einer Zeit sehr weitgehender Möglichkeiten, die Frage des Wollens auf die Fragen des Dürfens und des Könnens wirken zu lassen. Wenn die persönlichen Daten auch unter persönlicher Kontrolle anstatt in einer zentralen Datenbank gespeichert sind, so liegt es im Ermessen der Person, ob andere überhaupt auf diese Daten zugreifen können. Dies objektiviert die sonst persönliche gewordene Ethik wieder ein wenig. Ob ein Zugriff erfolgen kann oder nicht, wird nicht länger durch die Ethik desjenigen der zugreifen möchte, sondern durch das Wollen desjenigen, den es wirklich betrifft, bestimmt.
Damit schließt sich der Kreis dieser drei entscheidenden Fragen. Vor nur wenigen Hundert Jahren war die Frage des Könnens für viele Bereiche die entscheidendste. Zu Zeiten großer Umbrüche und unter totalitären Regierungsformen ist oft die Frage des Dürfens die entscheidendste. Derzeit, mit durch gedeihender Technologie und subjektivierter Ethik sehr weit gestecktem Rahmen, ist die sehr persönliche Frage des Wollens die entscheidendste. Allerdings lässt sich Technologie nicht nur zur Erweiterung dieses Rahmens für Wenige und der damit oftmals einhergehenden Einengung des Rahmens für Viele nützen, sondern auch zur Demokratisierung der Datenhaltung. Wir stehen am Beginn einer tiefgreifenden Änderung, eingeleitet durch technologische Fortschritte, welche die Gesellschaft einmal mehr nachhaltig beeinflussen werden. Es liegt an uns, meine Damen und Herren, an denjenigen, die jetzt die Technologie, die Gesetzgebung und nicht zuletzt die Ausbildung folgender Generationen beeinflussen, in welche Richtung diese Änderung verlaufen wird.